TV-Serie: „I Know This Much is True“


Ich habe mir folgenden HBO-Mehrteiler angeschaut:

 

„I Know This Much is True“ (in D. seit dem 10.05.20 auf Sky zu sehen) 6 x approx.  60 min  drama, adaptation

dir. Derek Cianfrance  cast: Mark Ruffalo, Rosie O´Donnell, Archie Panjabi, Kathryn Hahn, Juliette Lewis, Imogen Poots, Melissa Leo, Rob Huebel, Philip Ettinger, Bruce Greenwood, Donnie Masihi, Rocco Masihi

 

Dominick (Mark Ruffalo) hat selbst ein riesiges Päckchen an Problemen mit sich herumzutragen, am Sterbebett seiner Mutter (Melissa Leo) hatte er ihr jedoch versprochen, sich immer um seinen psychisch schwer kranken Zwillingsbruder Thomas (Mark Ruffalo) zu kümmern. Thomas leidet an paranoider Schizophrenie und lebt und arbeitet seit vielen Jahren in einer Einrichtung. Gerade hat er sich in einer seiner Wahnvorstellungen mit einer Machete die rechte Hand abgetrennt. Im Krankenhaus lässt er sich auch nicht davon überzeugen, die Hand wieder annähen zu lassen. Thomas wird daraufhin in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Die Brüder sind mit ihrer Mutter und ihrem gewalttätigen Stiefvater, Ray (John Procaccino) aufgewachsen. Noch bevor Dominicks und Thomas´ Mutter vor drei Jahren gestorben ist, hatte sie Dominick ein handgeschriebenes Manuskript ihres Vaters, dem Großvater der Brüder, übergeben. Vielleicht geben die Unterlagen Aufschluss über die Familiengeschichte und auch, wer der biologische Vater der Brüder ist. Da das Manuskript in italienischer Sprache geschrieben ist, wendet sich Dominick an die Übersetzerin Nelda (Juliette Lewis)…

 

B+ (Wertung von A bis F) Der Mehrteiler „I Know This Much is True“ basiert auf Wally Lambs gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1998. Der amerikanische Filmemacher Derek Cianfrance (Blue Valentine, The Place Beyond the Pines, The Light Between Oceans hat das Buch für die Mini-Serie aufbereitet und bei allen sechs Episoden Regie geführt. 

Gewidmet ist der Mehrteiler Scott Ruffalo, Marks im Jahr 2008 verstorbenen (vermutlich ermordeten) jüngeren Bruder und Megan Cianfrance McGinnis, der – kurz nach Ende dieser Dreharbeiten – verstorbenen Schwester des Filmemachers. 

Ich liebe Geschichten, die sich am Ende vollständig, komplett erzählt, anfühlen. „I Know This Much is True“ erzählt eine dieser im Abschluss runden, wenn auch – wie in diesem Fall – äußerst tragischen Geschichten. 

Es ist Familiensaga und zugleich ein Drama über einen psychisch schwer Kranken und sein Umfeld. In meinem Umfeld habe ich auch einige Erfahrungen mit psychisch Erkrankten (sogar im Bereich der paranoiden Schizophrenie) sammeln dürfen/müssen, daher kann ich sagen, dass sich „I Know This Much is True“ sehr realistisch anfühlt. Hier sieht man, wie sich psychische Krankheiten über ein Leben entwickeln können und auch welche Auswirkungen alles auf die engere Verwandtschaft (hier: insbesondere auf den Zwillingsbruder) des Erkrankten haben kann. Das allein macht dieses Serien-Projekt schon zu einem hervorragenden, darüberhinaus bietet „I Know This Much is True“ nahezu makelloses Schauspiel. 

Ich möchte aber auch nicht vorenthalten, dass dieser Mehrteiler schwere Kost ist, für die meisten ist er wahrscheinlich sogar zu deprimierend. Selbst ich, die ich generell ein Faible für Dramen habe, musste das eine oder andere Mal schon schwer schlucken. Wenn es das Leben für einen wie Dominick sowieso nicht sonderlich gut meint, ihm alles gerade über den Kopf wächst, wird noch mal einer drauf gesetzt (exemplarisch dafür, als er am Ende einer Episode noch den Anruf von Ralph Drinkwater erhält). Dieser Mehrteiler deckt Familiengeheimnisse auf, zeigt aber auch ganz gut, wie das gesamte Leben für  Geschwister verlaufen kann, wenn ein Geschwisterteil „anders“, „psychisch auffällig““, und letztlich diagnostiziert „psychisch krank“ ist. Überhaupt glaube ich, dass das Leben für Zwillinge nicht einfach ist. Dominick beschreibt der Therapeutin Dr. Patel ein Mal ganz unmissverständlich, wie das Leben mit seinem Zwillingsbruder für ihn war bzw. ist (It’s like my brother has been an anchor around my entire life. Even before he got sick….An Anchor pulling me down. You know what I get? I get just enough rope to break the surface to breath). 

Doppelgänger-Rollen mit nur einem Schauspieler fand ich in der Vergangenheit oft schwierig. Zu offensichtlich sieht man die Tricks mit denen am Set gearbeitet wurde und man erkennt ein und denselben Schauspieler in der Doppelrolle. Hier ist das nicht so, insbesondre bei Dominick und Thomas als jüngere, aber noch mehr ältere Männer. Man könnte meinen, es wären jeweils zwei verschiedene Schauspieler. 

Mark Ruffalo hat vor den Dreharbeiten rund 10 Kilo an Gewicht verloren, dann wurde der erste Part dieser Mini-Serie mit ihm als Dominick gedreht. Er legte dann eine sechswöchige Pause ein, futterte sich derweil 20 Kilo an, um dann im zweiten Part der Dreharbeiten den übergewichtigen Zwillingsbruder Thomas zu spielen. Unabhängig von dem äußeren Erscheinungsbild, Mark Ruffalo gelingt es auch die eineiigen Zwillinge völlig unterschiedlich anzulegen, insgesamt ist es eine meisterhafte Performance. 

Meine Lieblingsszenen: 1. Nedras Auftritt bei Dominick zu Hause (Part 01 der Miniserie). Unglaublich authentisches Schauspiel von Juliette Lewis und Mark Ruffalo. Die Szene könnte sich genau so in der Realität zugetragen haben. 2. Das erste Aufeinandertreffen von Lisa Sheffer und Dominick (Part 02 der Miniserie), um ehrlich zu sein, auch alle weiteren Treffen der beiden. Ich mochte aber auch beispielsweise zwei musikalische Mini-Momente, in der ein Song die Stimmung setzt (Episode 02 Song „I Got a Name“ von Jim Croce und in Episode 06 als jmd. in dem Pflegeheim Simon & Garfunkels „Bridge over Troubled Water“ singt) 

Mein Lieblingscharakter: Zunächst einmal sind alle einzelnen Charaktere perfekt für die Welt von „I Know This Much is True“ gecastet. Ich mochte aber besonders die Sozialarbeiterin Lisa Scheffer. Als ich die Szene mit ihr und Dominick (Part 02 der Miniserie) das erste Mal sah, musste ich direkt nachschauen, wer denn diese fantastische Schauspielerin ist. Auf Rosie O´Donnell wäre ich im Leben nicht gekommen. Vielleicht ist es einfach zu lange her, dass ich sie in einem Spielfilm oder überhaupt als Schauspielerin gesehen habe. Die Sozialarbeiterin Lisa ist greifbar, real, leicht zynisch, aber hat das Herz am rechten Fleck. Mein zweiter Lieblingscharakter ist Nedra Frank, die Übersetzerin des italienischen Manuskriptes. Gespielt wird Nedra von der amerikanischen Schauspielerin Juliette Lewis. Wenn jemand durchgeknallt und doch als Person glaubhaft spielen kann, dann sie. Bei den wichtigsten Charakteren habe ich sie nicht extra aufgeführt, weil sie wirklich nur ca. vier Szenen hat. Eine dieser Szenen ist aber (s.o.) gleich einer meiner Lieblingsszenen. 

Die wichtigsten Charaktere im Einzelnen:

Dominick Birdsey ist 40 Jahre alt und arbeitet als Maler. Er renoviert Häuserfassaden. Dominick hat einen riesigen Rucksack an Problemen mit sich herumzutragen. Sein gesamtes Leben musste er sich bereits um seinen Zwillingsbruder Thomas kümmern, was er als sehr belastend empfand. Beide hatten eine schwere Kindheit mit einem gewalttätigen Stiefvater. Bei Dominicks Bruder Thomas wurde in jungen Jahren paranoide Schizophrenie festgestellt, seither lebt er in den verschiedensten Einrichtungen. Jetzt hat sich sein Bruder gerade mit einer Machete die rechte Hand abgetrennt, ein Opfer wollte erbringen. Dominick hat von seiner Mutter ein Manuskript seines Großvaters, einem italienischen Einwanderer, bekommen. Unbedingt möchte er mehr über die Familiengeschichte herausfinden, vielleicht bekommt er dabei auch Informationen darüber, wer der biologische Vater von Dominick und Thomas ist. Dominick und Thomas im Alter von 8 Jahren wurden von den amerikanischen Schauspiel-Zwillingen Donnie und Rocco Masihi gespielt. Die Brüder als Teenager und junge Männer hat nur ein Schauspieler übernommen. Brillant verkörpert der amerikanische Schauspieler Philip Ettinger (Indignation, First Reformed) die jungen Männer. Unglaublich gut gecastet, man könnte fast meinen, er ist mit Mark Ruffalo verwandt, so ähnlich sieht er ihm in dieser Mini-Serie. Den Hauptpart in dieser Serie übernimmt jedoch der amerikanische Schauspieler Mark Ruffalo. Wie sein Seriencharakter hat auch Mark Ruffalo italienische Wurzeln. Würde dieser Mehrteiler als Film ins Kino kommen, wäre ihm eine Oscar-Nominierung sicher. Er ist schlichtweg exzellent in dieser Doppelrolle. Ich weiß nicht mehr genau, wann mir  Ruffalo das erste Mal aufgefallen ist, rund 20 Jahre ist es aber sicher her. Er hat in unzähligen Filmen („You Can Count on Me“, „My Life Without Me“, Zodiac, The Brothers Bloom, Shutter Island, Dark Waters gespielt, dem Mainstream-Publikum ist er sicherlich vordergründig als HULK in den „The Avengers“-Filmen bekannt. Für seine Performance in The Kids Are All Right, Foxcatcher und Spotlight hat er jeweils eine Oscar-Nominierung erhalten. Außerdem hat er zwei Emmy-Nominierung als Schauspieler und Produzent des HBO-Films The Normal Heart, als Produzent hat er einen Emmy dafür gewonnen. Er wurde auch für einen Tony-Award für seine Performance in dem Theaterstück „Awake and Sing“ nominiert und hat sogar einen Grammy-Nominierung für das eingesprochene Album „Our Revolution: A Future to Believe In“.

Thomas Birdsey ist der Zwillingsbruder von Dominick. Er ist psychisch schwer erkrankt. Paranoide Schizophrenie wurde bei ihm diagnostiziert. Thomas ist sehr gläubig und hat sich im Alter von knapp über 40 in einer religiösen Wahnvorstellung mit einer Machete die rechte Hand abgeschnitten. Wer Thomas in den verschiedensten Lebenssituationen spielt, ist unter „Dominick Birdsey“ zu lesen. 

Lisa Sheffer ist die Sozialarbeiterin, die für Thomas und Dominick (gespielt von Mark Ruffalo) neu zuständig ist. Gespielt wird Lisa von der amerikanischen Comedian, Talk Show-Moderatorin, Produzentin und Schauspielerin Rosie O´Donnell. Sie hatte immer mal wieder TV-Rollen („Queer as Folk“, „Curb Your Enthusiasm“, „Nip/Tuck“) und war auch das eine oder andere Mal in Spielfilmen („Sleepless in Seattle“, „The Flintstones“) zu sehen, für mich ist sie aber eher als Moderatorin ihrer eigenen Talk-Show („The Rosie O´Donnell Show“) und später als Co-Moderatorin einer meiner Lieblingstalkshows „The View“ im Gedächtnis. Natürlich auch für ihre legendären, wortreichen Boshaftigkeiten, die sie mit Donald Trump seinerzeit ausgetauscht hat. Als Gastgeberin der Tonys im Jahr 1998 hat sie einen Emmy gewonnen. Weitere 11 Emmys hat sie für ihre Talk Show „The Rosie O´Donnell Show“ gewonnen. 8 weitere Nominierungen gesellen sich auch noch dazu und wie es aussieht könnte sie für ihre Performance in „I Know This Much is True“ auch für einen weiteren Emmy nominiert werden.

Dr. Patel ist Thomas´ neue Psychologin, die sich aber auch um Dominick (beide gespielt von Mark Ruffalo) kümmert. Dr. Patel wird von der englischen Schauspielerin Archie Panjabi (ich liebe diesen Namen) gespielt.  Mir kam sie wahnsinnig bekannt vor, Nachdem ich nachgeschaut habe, ist mir aufgefallen, dass ich sie erst kürzlich in der HBO-Serie Run gesehen habe. Eine Serie, die ich quasi parallel zu „I Know This Much is True“ geschaut habe. Sie hat auch in vielen anderen TV-Serien mitgespielt, u.a. hatte sie eine Hauptrolle in „The Good Wife“, sie hat vor vielen Jahren in „Bend It Like Beckham“ mitspielt und seither auch kleinere Auftritte in Spielfilmen (u.a. A Mighty Heart, The Disappearance of Eleanor Rigby: Them). Für ihre Performance in „The Good Wife“ wurde sie drei Mal für den Emmy nominiert, einen Emmy hat sie davon gewonnen. 

Dessa ist die Ex-Frau von Dominick (gespielt von Mark Ruffalo). Sie wird von der amerikanischen Schauspielerin Kathryn Hahn gespielt. Bekannt wurde sie durch ihre erste große Rolle in der TV-Serie „Crossing Jordan“. Seither hat sie in vielen TV-Serien (u.a. „Parks and Recreation“, The Newsroom, Transparent) mitgespielt und war auch in einigen Spielfilmen (u.a. Step Brothers, Our Idiot Brother, „Captain Fantastic“ zu sehen. Für ihre Performance in „Transparent“ wurde sie für den Emmy nominiert. 

„I Know This Much is True“ ist für einige Emmy-Nominierungen im Gespräch, u.a. Best Limited Series, Actor, Limited Series/Movie (Mark Ruffalo) Supporting Actress, Limited Series/movie (Rosie O´Donnell), etc. Update: „I Know This Much is True“ wurde für einen Emmy (Best Actor/Limited Series für Mark Ruffalo) nominiert. Update„I Know This Much is True“ hat einen Emmy (Bester Hauptdarsteller – Mark Ruffalo) in einem Mehrteiler gewonnen. 

„I Know This Much is True“ wurde erstmalig v. 10.05.20 – 14.06.20 auf HBO ausgestrahlt. Parallel  lief dieser Mehrteiler auch erstmalig in Deutschland bei Sky. 

Trailer zu sehen: 

 

3 Gedanken zu “TV-Serie: „I Know This Much is True“

    • Gesund ist es sicher nicht. 😉Er hatte sich auch – nach anfänglichem Hurra wieder alles essen zu dürfen – um seine Gesundheit Sorgen gemacht, hat den Regisseur sogar nach einem Fatsuit gefragt. Der hat aber daran festgehalten, dass er, unter Aufsicht, weiter zunahm und am Ende waren alle froh, weil sich die Zunahme auch auf sein Spiel ausgewirkt hat. Dadurch war er lethargisch, unsicher und sensibel, was für „Thomas“ perfekt passte. Als er seinen „Dominick“-Part drehte war er ständig hungrig und sollte – vor dem eigentlichen Dreh – immer noch viele Liegestütze machen, um außer Atem und leicht aggressiv zu sein. Die kleinen Tricks haben sich ausgezahlt. 😀

      Ich hatte nur gelesen auf Sky, kenne den Unterschied nicht zu Sky Ticket.

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