TV – Serie: „The Night Of“


Ich habe mir die komplette Staffel folgender HBO-Serie angeschaut:

 

 

„The Night Of“ (dt. Serientitel: „The Night Of – Die Wahrheit einer Nacht“, auch in D. auf VOD erhältlich, ab 16.3.17 auf Blu-ray und DVD) 8 x approx 60 min crime, drama, adaptation
dir. Steven Zaillain, James Marsh cast: John Turturro, Riz Ahmed, Bill Camp, Jeannie Berlin, Amara Karan, Michael Kenneth Williams, Peyman Moaadi, Poorna Jagannathan, Ben Shenkman, Afton Williamson

 

 

New York City. Jackson Heights, Queens. 24. Oktober 2014. Der 23-jährige pakistanisch-amerikanische Student Nasir, genannt „Naz“ (Riz Ahmed) möchte unbedingt auf eine Party in Manhattan. Sein Kumpel hat ihn aber versetzt und so schnappt er sich, ohne Erlaubnis, kurzerhand das Taxi seines Vaters, um nach Manhattan zu fahren. Dort steigt eine junge Frau in das Taxi. Sie ist hübsch und Nasir verbringt etwas Zeit mit ihr. Nach ein paar Drinks und Drogen wacht Nasir irgendwann in der Küche ihres Upper-West-Side-Apartments auf. Kurze Zeit später findet er die junge Dame brutal ermordet in ihrem Schlafzimmer. Nasir verlässt fluchtartig das Haus. Detective Dennis Box (Bill Camp) ermittelt in dem Mordfall, die Beweise sind erdrückend und Nasir gilt für ihn schon bald als Hauptverdächtiger. Der Anwalt John Stone (John Turturro) ist wegen eines seiner Klienten auf dem Revier, als er von Nasirs Fall erfährt….

A- (Wertung von A bis F) „The Night Of“ basiert auf dem BBC-Mehrteiler „Criminal Justice“ von Peter Moffat. Die Serienmacher sind Richard Price, der Vorlagen u.a. zu den Filmen „Sea of Love“, „Clockers“ und der HBO-Serie „The Wire“ geschrieben hat und der Autor und Regisseur Steven Zaillian. Steven Zaillian hat u.a. die Drehbücher für „Schindler´s List“, „Clear and Present Danger“, Moneyball und The Girl with the Dragon Tattoo geschrieben.

Der Achtteiler lässt den Zuschauer zum einen rätseln, ob Nasir die junge Frau vielleicht doch ermordet hat, ist aber hauptsächlich eine Charakterstudie eines jungen pakistanisch-amerikanischen Studenten und eines neurotischen Anwalts. Letztlich ist es auch ein Familien-, Gefängnis- und Gerichtsdrama.

Die Story ist nicht neu, ein junger Mann wird verdächtigt, eine junge Frau getötet zu haben. Er kann sich nur bruchstückhaft an den Abend, den er mit ihr verbracht hat, erinnern, Drogen und Alkohol waren im Spiel, der junge Mann wacht irgendwann auf und findet das Mädchen ermordet – hat er sie umgebracht? Dann der erfahrene Polizist, der an dem (seinem letzten) Fall ermittelt und ein abgehalfterter Verteidiger. Hat man alles schon mal in Spielfilmen oder TV-Serien gesehen und doch ist „The Night Of“ anders und unbedingt empfehlenswert.

Wenn mir eine neue Serie richtig gut gefällt, dann schaue ich sie mir 2 x an. Mit einem zeitlichen Abstand von einem Monat habe ich mir „The Night Of“ selbstverständlich ein zweites Mal angeschaut.

Ich liebe so unfassbar viel an der Serie – wo soll ich anfangen? Der düsterer Look eines David Fincher-Films, wie Manhattan gezeigt wird, das Polizeirevier, die Charaktere, allen voran Detective Box (gespielt von Bill Camp). Box verkörpert einen normalen Polizisten, er sieht aus wie einer, verhält sich wie einer und trickst im legalen Rahmen. Box wirkt nicht wie ein Cop aus einer TV-Serie. Mein anderer Lieblingscharakter ist die Staatsanwältin Helen Weiss (gespielt von Jeannie Berlin). Die Wandlung, die die Zentralfigur Nasir vollzieht, ist faszinierend und glaubwürdig – vor allen Dingen durch die brillante Darstellung des Schauspielers Riz Ahmed. John Turturro ist sowieso immer sehenswert, hier mochte ich besonders die Katzen-Geschichte, die sich durch die gesamte Staffel zog und auch starke Parallelen zu Nasirs Leben zeigt. Durch „The Night Of“ habe ich aber auch etwas Neues über das amerikanische Rechtssystem gelernt. Vielleicht sind einige mit dem Staffelende unzufrieden, mir hat sie mit der zweiten Sichtung noch besser gefallen und ich liebe die letzte Szene.

Die Besetzung ist – mit einer Ausnahme (Der Schauspieler, der am Ende der Serie den Richter spielt, wäre meiner Meinung nach als Hausmeister glaubwürdiger besetzt) – durchweg exzellent.

Eigentlich gibt es nur eine Sache, die mich irritierte. Da ich grundsätzlich nicht spoiler, kann ich nur umschreiben, es hat mit dem späteren Opfer zutun. Gleich zu Beginn gibt es etwas Fragwürdiges in Bezug auf ihren Charakter, das kann doch nicht nur mir aufgefallen sein. Genau eine dieser eindeutigen Fragen stellt John Turturros Charakter jedoch erst in der 6. Episode (ab der ungefähr 50. Minute).

 

 

Die wichtigsten Charaktere im Einzelnen:

 

 

Nasir „Naz“ Khan – ein schmächtiger, unscheinbarer 23-jähriger amerikanischer Student pakistanischer Herkunft  und plötzlich der Hauptverdächtiger in dem Mordfall einer jungen Frau ist. Nasir wird von dem großartigen englischen Schauspieler Riz Ahmed gespielt. Er hat u.a. in dem Film „Four Lions“ mitgespielt. Mir ist er erstmalig in dem Film The Reluctant Fundamentalist aufgefallen. Außerdem hat er noch in Nightcrawler und „Jason Bourne“ mitgespielt.

 

 

John Stone ist Nasirs Verteidiger. Zuvor hat er vorwiegend Drogendealer und Prostituierte vertreten. John Stone zählt nicht gerade zu den besten Anwälten. Er leidet an einem fiesen Hautausschlag. Ursprünglich sollte John Stone von dem Schauspieler James Gandolfini gespielt werden. Nach dem Tod von James Gandolfini hat der amerikanische Schauspieler John Turturro die Rolle übernommen. Mich begleitet Turturro seitdem ich mich richtig für das Kino interessiere. Er hat viel mit den Coen Bros. (z.B. „Miller´s Crossing“, „Barton Fink“, „The Big Lebowski“) und mit Spike Lee („Do the Right Thing“, Jungle Fever“, „Summer of Sam“) gedreht. Im letzten Jahr  habe ich ihn in dem italienischen Film „Mia Madre“ und neben Woody Allen in Fading Gigolo gesehen.

Dennis Box ist der erfahrene Polizist, der in dem Fall der ermordeten jungen Frau ermittelt. Zusammen mit der Staatsanwältin (gespielt von Jeannie Berlin) ist Box meine Lieblingsfigur der Serie. Ich mag wie er seinen Job als Cop ausübt. Gespielt wird er von dem amerikanischen Theater- und Filmschauspieler Bill Camp. Mir war er sehr vertraut, nachdem ich mir seine Filmografie angeschaut habe, wusste ich auch warum. In zig Filmen habe ich ihn bereits gesehen. Geachtet hatte ich auf ihn bislang nicht. Mitgewirkt hat er u.a. in Compliance, Lincoln, 12 Years a Slave, Love & Mercy, Birdman or (The Unexpected Virtue of Ignorance).

 

 

Freddy ist ein sehr einflussreicher Gefängnisinsasse mit dem sich Nasir auseinandersetzen muss. Gespielt wird er von dem amerikanischen Schauspieler Michael K. Williams. Er ist durch seine Rolle in der TV-Serie „The Wire“ bekannt geworden. In der Serie „Boardwalk Empire“ hat er auch gespielt, aber er war auch in Kinofilmen wie Gone Baby Gone, 12 Years a Slave und Inherent Vice zu sehen.

 

 

Helen Weiss ist die Staatsanwältin in dem Fall der ermordeten jungen Frau. Mrs. Weiss ist meine zweitliebste Figur der Serie. Ich liebe ihr latent angewidertes Charaktergesicht, ihre spröde, leicht entrückte und doch konzentrierte Art, ihre kratzige, ruhige und trotzdem etwas schrille Stimme. Gespielt wird Mrs. Weiss von der amerikanischen Schauspielerin Jeannie Berlin. Vor ein paar Monaten habe ich erst in meinem Beitrag zu Woody Allens Café Society über sie geschwärmt. Mit ihrer Performance hier hat sie sich quasi aus dem Stand zu einer meiner neuen Lieblingsschauspielerinnen entwickelt. Wie kann es sein, dass sie meiner Aufmerksamkeit so lange entgangen ist? Der Name sagte mir immer etwas, im Jahr 1972 hat sie eine Oscar-Nominierung für „The Heartbreak Kid“ erhalten. Sie hat immer wieder längere Drehpausen eingelegt. In den Kinofilme Margaret und Inherent Vice hat sie gespielt. Jeannie Berlin wäre perfekt für die Coen Bros – warum haben die sie noch nicht entdeckt? Fragen über Fragen, Hauptsache ich sehe sie jetzt öfter.

Höchstwahrscheinlich gibt es eine zweite Staffel von „The Night Of“.

Die erste Staffel ist für das Jahr 2017 für einige Emmy-Nominierungen im Gespräch. „The Night Of“ wurde für drei Golden Globes (Beste Miniserie/TV-Film und Bester Hauptdarsteller einer Miniserie/TV-Film für Riz Ahmed und John Turturro) nominiert. Update: „The Night of“ wurde am 13.07.17 für 13 Emmy-Awards nominiert. Nominiert wurde die Mini-Serie in den Kategorien Outstanding Limited Series, Outstanding Lead Actor in a Limited Series or Movie (für Riz Ahmed und John Turtorro), Outstanding Supporting Actor in a Limited Series or Movie (für Bill Camp und Michael Kenneth Williams), Outstanding Directing for a Limited Series, Movie or Dramatic Special (für „The Art of War“ und „The Beach“), Outstanding Writing for a Limited Series, Movie or Dramatic Special, Oustanding Casting for a Limited Series, Movie or Special, Outstanding Cinematography for a Limited Series or Movie, Outstanding Single-Camera Picture Editing for a Limited Series or Movie, Outstanding Sound Editing for a Limited Series, Movie or Special, Outstanding Sound Mixing for a Limited Series or Movie. Die Verleihung der 69. Emmy Awards findet am 17.09.17 statt. Update: „The Night Of“ hat am 17.09.17 von 13 Emmy-Nominierungen, fünf Emmy-Awards gewonnen, darunter outstanding lead actor in a limited series or movie (Riz Ahmed)

„The Night Of“ wurde erstmalig vom 10.07.16 – 28.08.16 auf HBO ausgestrahlt. Parallel zur US-Ausstrahlung war der Mehrteiler auch in Deutschland auf Sky zu sehen. Derzeit ist der Mehrteiler auch in Deutschland auf VOD zu sehen. Auf Blu-ray und DVD ist „The Night of“ ab dem 16.3.17 erhältlich.

 

 

Trailer zu sehen:

 

 

Vorspann zu sehen:

 

 

6 Gedanken zu “TV – Serie: „The Night Of“

    • Oh ja, die „The Wire“-Box habe ich hier auch ganz dekorativ stehen und möchte sie eigentlich wahnsinnig gerne sehen. Leider kommen immer wieder tolle neue Fernsehproduktionen raus und so werden die fünf Staffeln immer wieder hinten angestellt. Ich arbeite auf einen ordentlichen Schnupfen hin, der mich mal außerplanmäßig ne Woche zu Hause lässt. :))

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